Was sind Antihistaminika und warum gibt es zwei Generationen?
Antihistaminika blockieren Histamin, einen Botenstoff, den der Körper bei Allergien freisetzt. Wenn du eine Pollenallergie hast, juckt dir die Nase, deine Augen tränen oder du bekommst Nesselsucht - das ist Histamin, das deine Blutgefäße erweitert und Flüssigkeit ins Gewebe leitet. Antihistaminika stoppen diesen Prozess. Die ersten dieser Medikamente kamen in den 1940er-Jahren auf den Markt, mit Diphenhydramin (Benadryl) als bekanntestem Vertreter. Sie halfen, aber mit einem großen Nachteil: Sie machten fast immer schläfrig. In den 1980er-Jahren entwickelten Pharmafirmen neue Wirkstoffe, die genau das vermeiden sollten: zweite Generation Antihistaminika. Sie wirken genauso gut gegen Allergien, aber fast ohne Müdigkeit.
Wie unterscheiden sich die beiden Generationen pharmakologisch?
Der entscheidende Unterschied liegt in der Chemie. Erste-Generation-Antihistaminika wie Diphenhydramin, Chlorpheniramin oder Promethazin sind fettlöslich. Das bedeutet: Sie können leicht die Blut-Hirn-Schranke überwinden und direkt ins Gehirn gelangen. Dort hemmen sie nicht nur Histamin, sondern auch andere Rezeptoren - und das führt zu Schläfrigkeit, trockenem Mund und manchmal sogar zu Verwirrtheit. Ihre Wirkung hält nur 4 bis 6 Stunden an. Du musst sie drei- bis viermal täglich einnehmen.
Zweite-Generation-Antihistaminika wie Loratadin (Claritin), Cetirizin (Zyrtec) und Fexofenadin (Allegra) sind anders gebaut. Sie sind entweder polarer oder werden aktiv aus dem Gehirn herausgepumpt. Sie bleiben fast vollständig außerhalb des zentralen Nervensystems. Deshalb fühlen sich die meisten Menschen nach Einnahme nicht benommen. Ihre Wirkung hält 12 bis 24 Stunden an - einmal täglich reicht. Beide Typen werden in der Leber abgebaut, aber erste Generation hat mehr Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, weil sie stärker am Cytochrom-P450-System beteiligt sind.
Wie schnell wirken sie - und wann ist das wichtig?
Wenn du plötzlich eine starke Allergieattacke hast - etwa nach einem Spaziergang im Park oder einem Kontakt mit einem Tier - brauchst du schnelle Hilfe. Hier hat die erste Generation einen klaren Vorteil: Sie wirkt innerhalb von 30 Minuten. Diphenhydramin ist der Go-To-Wirkstoff für akute Reaktionen. Zweite-Generation-Medikamente brauchen 1 bis 3 Stunden, bis sie ihre volle Wirkung entfalten. Das macht sie weniger geeignet für Notfälle, aber ideal für die tägliche Vorsorge. Wer allergisch gegen Pollen ist, nimmt sie morgens, bevor er rausgeht. Dann ist der Wirkstoff schon im Blut, wenn die Belastung beginnt.
Wie wirksam sind sie wirklich?
Beide Generationen reduzieren Juckreiz, Niesen und laufende Nase gut. Studien zeigen: Zweite-Generation-Antihistaminika erreichen eine Symptomlinderung von 60 bis 70 % bei allergischer Rhinitis. Erste-Generation-Medikamente liegen bei 50 bis 60 %. Der Unterschied klingt klein, ist aber spürbar. Besonders bei schweren Fällen zeigt Cetirizin eine um 15 bis 20 % höhere Wirksamkeit als Loratadin. Allerdings: Beide Typen helfen kaum bei verstopfter Nase. Dafür brauchst du ein abschwellendes Mittel wie Pseudoephedrin - oft in Kombinationspräparaten. Das ist ein großer Nachteil der zweiten Generation: Sie lösen nicht alle Symptome.
Welche Nebenwirkungen gibt es - und wer ist besonders gefährdet?
Die größte Nebenwirkung der ersten Generation ist Schläfrigkeit. Bis zu 60 % der Nutzer fühlen sich benommen. Das ist nicht nur unangenehm - es ist gefährlich. Studien zeigen: Wer Diphenhydramin nimmt, hat eine 25 % schlechtere Reaktionszeit beim Fahren. Bei älteren Menschen kann das sogar zu kognitiven Beeinträchtigungen führen, ähnlich wie niedrige Dosen von Beruhigungsmitteln. Auch trockener Mund, Harnverhaltung und Verwirrtheit treten häufiger auf. Deshalb raten Ärzte älteren Patienten dringend davon ab, diese Medikamente langfristig zu nehmen.
Zweite-Generation-Antihistaminika sind viel sicherer. Nur 10 bis 15 % der Nutzer fühlen sich leicht müde - und das meist nur bei höheren Dosen. Sie haben kaum anticholinerge Effekte. Das macht sie zur ersten Wahl für Kinder, Berufstätige und ältere Menschen. Einziger Nachteil: Sie sind teurer. Ein Pack mit 100 Tabletten Diphenhydramin kostet 4 bis 6 Euro. Für 30 Tabletten Cetirizin zahlst du 10 bis 15 Euro - und für Markenprodukte sogar mehr als 25 Euro pro Monat.
Wann sollte man welche Generation wählen?
Die Entscheidung hängt von deinem Lebensstil und deinen Symptomen ab.
- Wähle erste Generation, wenn du:
- abends unter Allergien leidest und eine bessere Schlafqualität brauchst
- eine plötzliche, starke Reaktion hast (z. B. nach einem Bienenstich)
- Übelkeit oder Reisekrankheit hast - sie wirken auch als Antiemetika
- Wähle zweite Generation, wenn du:
- tagsüber arbeitest, fährst oder dich konzentrieren musst
- chronische Allergien hast und täglich ein Medikament brauchst
- älter bist oder bereits andere Medikamente nimmst
Die American Academy of Allergy, Asthma & Immunology empfiehlt zweite Generation als Standardtherapie. 70 % aller Rezepte 2023 waren dafür. Aber 65 % der Hausärzte verschreiben immer noch erste Generation - meist für die Nacht. Wenn du unter Schlafproblemen leidest, die durch Allergien verursacht werden, kann Diphenhydramin tatsächlich helfen - aber nur als gelegentliche Lösung.
Was sagen Nutzer wirklich?
Online-Foren zeigen klare Muster. Auf Reddit sagen 68 % der Nutzer: „Zyrtec oder Claritin lassen mich arbeiten, ohne dass ich mich wie ein Zombie fühle.“ Aber auf Drugs.com berichten 52 %, dass Diphenhydramin besser schläft als Melatonin - besonders bei allergiebedingter Schlaflosigkeit. Amazon-Bewertungen zeigen: Zweite-Generation-Medikamente haben durchschnittlich 4,2 Sterne, erste Generation nur 3,8. Die häufigste positive Aussage bei zweiter Generation: „Endlich ein Medikament, das ich täglich nehmen kann.“ Die häufigste negative Aussage bei erster Generation: „Macht mich zu schläfrig für die Arbeit.“
Was ist neu - und was kommt als Nächstes?
Die Forschung geht weiter. 2023 wurde Bilastin in Europa zugelassen - es wirkt stärker gegen verstopfte Nase als alle bisherigen zweite-Generation-Medikamente. In den USA ist es noch nicht verfügbar. Auch Desloratadin und Levocetirizin, die aktiveren Formen von Loratadin und Cetirizin, gewinnen an Beliebtheit. Ihre Rezepte stiegen 2024 um 12 %. Außerdem gibt es jetzt Kombipräparate mit abschwellenden Wirkstoffen - zum Beispiel Fexofenadin plus Pseudoephedrin. Das löst das größte Problem der zweiten Generation: die mangelnde Wirkung gegen verstopfte Nase.
Was du als Nutzer wissen musst
- „Nicht schläfrig“ gilt nur bei normaler Dosis. Höhere Dosen können trotzdem Müdigkeit verursachen.
- Zweite-Generation-Antihistaminika wirken nicht sofort. Nimm sie vor der Allergenexposition - nicht erst, wenn es schon juckt.
- Erste Generation ist billig, aber riskant für Langzeitnutzung - besonders bei Älteren.
- Wenn du andere Medikamente nimmst, frag deinen Apotheker: Erste Generation hat mehr Wechselwirkungen.
- Die beste Wahl ist oft die, die du am besten verträgst - nicht die teuerste oder neueste.
Was tun, wenn es nicht hilft?
Wenn ein Antihistaminikum nach einer Woche keine Besserung bringt, ist es Zeit, den Arzt aufzusuchen. Vielleicht brauchst du eine andere Art von Therapie: Nasensprays mit Kortikosteroiden, Allergie-Impfungen oder eine genaue Allergiediagnostik. Oft liegt das Problem nicht an der falschen Medikation, sondern an unerkannten Auslösern - wie Schimmelpilz in der Wohnung oder Hausstaubmilben im Bett.
Sind erste Generation Antihistaminika noch sicher?
Ja, sie sind sicher - aber nur für gelegentliche, kurze Anwendungen. Langfristige Nutzung, besonders bei Menschen über 65, erhöht das Risiko für Gedächtnisprobleme, Verwirrtheit und Harnverhaltung. Sie sollten nicht als Schlafmittel missbraucht werden. Für akute Allergien oder Reisekrankheit sind sie aber weiterhin nützlich.
Warum ist Cetirizin teurer als Diphenhydramin?
Cetirizin ist ein moderner Wirkstoff mit komplexer Herstellung und Patenten, die erst vor wenigen Jahren abgelaufen sind. Diphenhydramin ist seit den 1940er-Jahren im Einsatz und wird von vielen Herstellern als Generikum produziert. Der Preisunterschied spiegelt Entwicklungs- und Marktkosten wider, nicht unbedingt eine höhere Wirksamkeit.
Kann ich beide Generationen gleichzeitig einnehmen?
Nur unter ärztlicher Aufsicht. Es gibt Situationen - etwa schwere Urtikaria - da verschreibt ein Arzt eine Kombination: morgens ein nicht-schläfriges Antihistaminikum, abends ein schläfriges für besseren Schlaf. Aber das ist keine Selbstmedikation. Die Kombination erhöht das Risiko von Nebenwirkungen.
Welches ist das beste Antihistaminikum für Kinder?
Zweite-Generation-Medikamente wie Cetirizin oder Loratadin sind die erste Wahl für Kinder ab zwei Jahren. Sie wirken gut, haben kaum Nebenwirkungen und sind einfach einmal täglich zu geben. Erste Generation sollte bei Kindern nur bei akuten Reaktionen und kurzfristig eingesetzt werden - wegen des Risikos für Schläfrigkeit und Verhaltensänderungen.
Warum wirkt Fexofenadin manchmal nicht so gut wie Cetirizin?
Fexofenadin ist weniger stark an Histaminrezeptoren gebunden als Cetirizin. Das macht es besser verträglich - besonders für Menschen mit Magenproblemen - aber etwas weniger wirksam bei starken Allergien. Studien zeigen: Cetirizin bietet bei mittelschweren bis schweren Fällen 15-20 % mehr Linderung. Wenn Fexofenadin nicht ausreicht, lohnt sich ein Wechsel zu Cetirizin.