Endstadium der Nierenerkrankung: Dialyse, Transplantation und Lebensqualität

Endstadium der Nierenerkrankung: Dialyse, Transplantation und Lebensqualität
Gesundheit & Medizin Torben Wehrle 27 Dez 2025 1 Kommentare

Wenn die Nieren nur noch 10 % ihrer Leistung haben, ist das Leben auf eine andere Art möglich - aber nicht mehr wie vorher. Die Endstadium der Nierenerkrankung (ESRD) bedeutet: Die Nieren können den Körper nicht mehr von Giftstoffen und Flüssigkeit befreien. Ohne Hilfe stirbt man. Doch es gibt Wege - Dialyse, Transplantation oder beides. Und die Wahl entscheidet nicht nur über Überleben, sondern darüber, wie gut man noch leben kann.

Was genau ist Endstadium der Nierenerkrankung?

Endstadium der Nierenerkrankung liegt vor, wenn die Filterleistung der Nieren auf weniger als 15 Milliliter pro Minute sinkt. Das ist der Punkt, an dem sie praktisch aufgehört haben, zu arbeiten. Die meisten Menschen mit dieser Diagnose haben jahrelang chronische Nierenerkrankung (CKD) gehabt - oft ohne es zu merken. Diabetes und Bluthochdruck sind die Hauptursachen: Fast jede zweite neue ESRD-Erkrankung geht auf Diabetes zurück, fast jede vierte auf Bluthochdruck. Andere Gründe sind Entzündungen der Nierenfilter (Glomerulonephritis), polyzystische Nierenerkrankung oder Autoimmunerkrankungen wie Lupus.

Es gibt keine Heilung. Die Nieren können nicht wiederhergestellt werden. Deshalb braucht man eine Ersatztherapie - entweder Dialyse oder eine neue Niere. Wer das nicht bekommt, stirbt innerhalb von Wochen oder Monaten. In den USA leben rund 786.000 Menschen mit ESRD. Fast drei von vier davon sind auf Dialyse angewiesen. Nur knapp jeder Dritte hat eine funktionierende Transplantation.

Dialyse: Leben mit der Maschine

Dialyse reinigt das Blut künstlich. Es gibt zwei Hauptformen: Hämodialyse und Peritonealdialyse.

Hämodialyse findet meist in einer Klinik statt - drei Mal pro Woche, jeweils drei bis vier Stunden. Ein Schlauch führt das Blut aus dem Körper, durch eine Maschine, die Abfallstoffe und Flüssigkeit entfernt, und zurück. Die Behandlung ist anstrengend. Man muss sich an strenge Regeln halten: Weniger Salz, weniger Kalium, weniger Phosphor. Die Ernährung wird zur Herausforderung. Jede Sitzung kostet Zeit - mindestens zwölf Stunden pro Woche, dazu noch Anfahrt, Vorbereitung, Erholung danach. Viele Patienten fühlen sich danach erschöpft, manchmal krank.

Peritonealdialyse läuft zu Hause. Der Bauchraum dient als Filter. Eine Flüssigkeit wird über einen Katheter in den Bauch gespült, bleibt einige Stunden, saugt Giftstoffe auf, und wird dann wieder abgesaugt. Das kann man viermal täglich selbst machen - oder nachts mit einer Maschine. Es ist flexibler als Klinikdialyse, aber man muss lernen, die Behandlung hygienisch durchzuführen. Infektionen am Katheter sind ein Risiko.

Beide Formen brauchen regelmäßige Blutwerte-Kontrollen. Phosphor sollte zwischen 3,5 und 5,5 mg/dl liegen, Calcium unter 9,5 mg/dl. Der Parathormonwert muss kontrolliert werden, oft mit Vitamin-D-Präparaten. Wer das nicht einhält, bekommt Knochenprobleme, Herzschäden, Gefäßverkalkung.

Nierentransplantation: Die bessere Option?

Die Transplantation ist die einzige Therapie, die echte Freiheit zurückgibt. Eine gesunde Niere von einem Spender - lebend oder verstorben - ersetzt die eigenen, kaputten Nieren. Die Ergebnisse sprechen für sich: Patienten mit Transplantation sterben zu 68 % seltener als Dialysepatienten. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei 83 % für Transplantat-Empfänger, bei nur 35 % für Dialysepatienten.

Die Lebensqualität steigt dramatisch. Studien zeigen, dass Transplantat-Empfänger auf einer Skala von 0 bis 100 durchschnittlich 82,4 Punkte erreichen - Dialysepatienten nur 53,7. Die Unterschiede sind greifbar: Weniger Essbeschränkungen, mehr Energie, keine festen Behandlungstermine, weniger Krankenhausaufenthalte. Transplantat-Empfänger haben halb so viele Krankenhausaufenthalte wie Dialysepatienten pro Jahr.

Es gibt aber einen Preis: lebenslange Medikamente. Immunsuppressiva verhindern, dass der Körper die neue Niere abstößt. Typisch sind Tacrolimus, Mycophenolat-Mofetil und Kortison. Diese Medikamente kosten monatlich zwischen 1.500 und 2.500 Euro. Sie schwächen das Immunsystem - Infektionen, Pilze, sogar bestimmte Krebsarten werden wahrscheinlicher. Man muss sich regelmäßig kontrollieren lassen, Blutwerte prüfen, Medikamente anpassen.

Die Erfolgsraten sind hoch: Bei Transplantationen von lebenden Spendern überleben 95,5 % der Nieren ein Jahr lang, 86 % fünf Jahre. Bei Nieren von verstorbenen Spendern sind es 93,7 % und 78,5 %. Lebendspenden haben also bessere Ergebnisse - und sind oft schneller möglich.

Transplantierte Frau läuft barfuß durch eine sonnige Wiese, strahlt Freiheit und Lebensfreude aus.

Wann sollte man sich für eine Transplantation anmelden?

Die meisten Patienten warten, bis sie schon auf Dialyse sind. Das ist ein Fehler. Die beste Chance hat man, wenn man noch nicht dialysiert wird - eine sogenannte präemptive Transplantation. Nur fünf Prozent der Menschen, die mit Dialyse beginnen, waren vorher auf die Warteliste gesetzt. Dabei wäre es ideal, sich zu melden, wenn die Nierenfunktion unter 30 ml/min fällt. Dann hat man Zeit: für medizinische Abklärung, psychologische Begutachtung, die Suche nach einem Spender - besonders wichtig, weil lebende Spender (Familie, Freunde) die besten Ergebnisse liefern.

Die Warteliste in den USA ist lang: Über 90.000 Menschen warten auf eine Niere. Jeden Monat kommen 3.000 neue dazu. Nur 27.000 Transplantationen werden pro Jahr durchgeführt. Die Wartezeit beträgt im Durchschnitt vier Jahre. Wer einen lebenden Spender hat, kann oft innerhalb von Monaten operiert werden.

Warum bekommen manche Menschen keine Transplantation?

Nicht jeder kommt für eine Transplantation in Frage. Kontraindikationen sind schwerwiegende Herzkrankheiten (z. B. Pumpleistung unter 25 %), aktiver oder kürzlich behandelter Krebs, Demenz, schwere psychische Erkrankungen oder aktiver Drogen- oder Alkoholmissbrauch. Auch bei sehr hohem Alter - über 75 mit mehreren Krankheiten - wird oft abgeraten.

Aber es gibt noch einen anderen Grund: Ungleichheit. Studien zeigen, dass Afroamerikaner deutlich seltener für eine Transplantation vorgeschlagen werden - obwohl sie genauso oft an ESRD erkranken. Ein Forschungsprojekt namens RaDIANT zeigte: Nach Schulungen für Ärzte und Patienten stieg die Überweisungsrate bei Afroamerikanern um 40 %, bei Weißen nur um 22 %. Die US-Gesundheitsbehörden haben daraufhin Programme gestartet, um diese Diskrepanz zu verringern. Dennoch bleibt der Zugang ungleich.

Zwei Frauen in einer Wartezimmer-Szene, eine hält eine Krankenakte, die andere ein Familienfoto.

Was ändert sich im Alltag?

Ein Transplantat-Empfänger kann wieder reisen, arbeiten, Sport treiben - ohne an Dialysezeiten gebunden zu sein. Er kann mehr essen, weniger auf Salz achten, mehr Obst und Gemüse genießen. Er hat mehr Energie, schläft besser, fühlt sich menschlicher.

Ein Dialysepatient hingegen lebt im Rhythmus der Maschine. Die Behandlungen sind unerbittlich. Viele können nicht Vollzeit arbeiten. Reisen sind schwierig - man muss vorher die Dialysezentren im Zielort buchen. Die Ernährung ist eingeschränkt, die Stimmung oft niedergeschlagen. Die psychische Belastung ist hoch: Angst vor Komplikationen, Abhängigkeit, Verlust der Kontrolle.

Und doch: Viele Dialysepatienten führen ein erfülltes Leben. Sie lernen, mit der Situation umzugehen. Manche wählen Dialyse bewusst - weil sie keine Spender finden, weil sie zu alt sind, weil sie die Risiken einer Operation fürchten. Es gibt keine richtige oder falsche Wahl. Nur die beste für diesen Menschen.

Was ändert sich in der Zukunft?

Die Zahl der Transplantationen steigt - vor allem durch lebende Spender. Von 2018 bis 2022 stieg ihre Zahl um 18 %. Neue Gesetze wie das 21st Century Cures Act erlauben es, Nieren von Spendern mit früheren Krankheiten zu verwenden - das erhöht den Pool um 15 %. Die US-Regierung fördert mit Programmen wie dem Kidney Care Choices Model die frühere Überweisung zu Transplantationszentren. Auch die Forschung schreitet voran: Das NIH investiert 157 Millionen Dollar bis 2026 in personalisierte Nierentherapien.

Dennoch: Die Warteliste wächst schneller als die Zahl der Transplantationen. Jeder, der eine Niere braucht, sollte frühzeitig handeln. Wer noch nicht dialysiert, sollte sich sofort an ein Transplantationszentrum wenden. Wer schon dialysiert, sollte prüfen, ob eine Transplantation noch möglich ist - und ob man auf der Warteliste steht.

Was kostet das alles?

Die Dialyse ist teuer. In den USA gibt Medicare für ESRD-Patienten - nur ein Prozent der Versicherten - fast 7,2 Prozent des gesamten Budgets aus. Das sind jährlich 35,4 Milliarden Dollar. Die Transplantation ist teurer im ersten Jahr - aber danach deutlich günstiger. Nach fünf Jahren spart man durch eine Transplantation Hunderttausende Dollar pro Patient.

Die Medikamente nach der Transplantation sind ein laufender Kostenfaktor. Aber sie sind ein Investition in Lebensqualität - und in ein langes Leben.

Kann man mit einer Nierentransplantation wieder normal leben?

Ja - aber nicht ohne Einschränkungen. Nach einer erfolgreichen Transplantation können die meisten Menschen wieder arbeiten, reisen, Sport treiben und eine normale Ernährung führen. Die größte Einschränkung ist die lebenslange Einnahme von Immunsuppressiva. Diese Medikamente schwächen das Immunsystem, daher ist man anfälliger für Infektionen. Regelmäßige Blutkontrollen und Arztbesuche sind Pflicht. Aber im Vergleich zur Dialyse ist das Leben deutlich freier und energiereicher.

Wie lange hält eine transplantierte Niere?

Eine transplantierte Niere von einem lebenden Spender hält im Durchschnitt 15 bis 20 Jahre. Von einem verstorbenen Spender sind es 10 bis 15 Jahre. Einige Nieren funktionieren sogar 25 Jahre oder länger. Die Erfolgsrate nach fünf Jahren liegt bei 86 % bei lebenden Spendern und 78,5 % bei verstorbenen. Wenn die Niere versagt, kann man wieder auf Dialyse zurückgreifen - oder eine zweite Transplantation erhalten.

Warum ist Dialyse nicht einfach die bessere Lösung?

Dialyse ist lebensrettend - aber sie ersetzt nicht die Nieren. Sie reinigt das Blut, aber sie reguliert nicht Hormone, produziert kein Vitamin D, steuert nicht den Blutdruck oder die roten Blutkörperchen wie eine gesunde Niere. Die Behandlung ist zeitaufwendig, körperlich anstrengend und erfordert strenge Ernährungsregeln. Die Sterblichkeitsrate ist deutlich höher als bei Transplantationen. Viele Patienten fühlen sich wie Gefangene ihres Schemas. Transplantation bietet nicht nur längeres Leben, sondern auch ein besseres Leben.

Kann man als älterer Mensch noch eine Niere transplantieren?

Ja - aber es hängt vom Gesundheitszustand ab, nicht vom Alter. Wer 70 ist, aber fit, ohne schwere Herzkrankheit, Krebs oder Demenz, kann eine Transplantation erhalten. Ältere Menschen profitieren sogar besonders von einer Transplantation, weil sie sonst mit Dialyse nur wenige Jahre überleben. Die Entscheidung basiert auf biologischem Alter, nicht auf dem Kalenderalter. Viele Zentren transplantieren sogar Patienten über 80 - wenn die Chancen gut stehen.

Wie findet man einen passenden Nierenspender?

Zuerst sollte man die Familie und Freunde ansprechen. Blutgruppe und Gewebetyp müssen passen. Ein lebender Spender muss gesund sein, keine Diabetes oder Bluthochdruck haben und mindestens 18 Jahre alt. Die Operation ist sicher - die Risiken sind gering, aber vorhanden. Wenn kein passender lebender Spender da ist, kommt man auf die Warteliste für eine Niere von einem verstorbenen Spender. Die Wartezeit kann Jahre dauern. Deshalb ist es wichtig, frühzeitig auf die Liste zu kommen - noch bevor man dialysieren muss.

Was passiert, wenn ich auf Dialyse bin und plötzlich ein Spenderorgan finde?

Dann wird die Transplantation sofort geplant - oft innerhalb von Tagen. Die Dialyse wird kurz vor der Operation abgesetzt. Die Niere wird transplantiert, und nach der Operation braucht man nur noch die Immunsuppressiva. Man muss nicht mehr dialysieren. Die meisten Patienten fühlen sich schon nach einigen Tagen deutlich besser. Die Dialyse wird dann dauerhaft beendet. Die Transplantation ist die endgültige Lösung - die Dialyse nur eine Zwischenlösung.

Kommentare

  • Thomas Halbeisen

    Thomas Halbeisen Dezember 27, 2025

    Transplantation? Ja klar, wenn man genug Geld hat und nicht aus der unteren Klasse kommt. Die Systeme sind so konstruiert, dass nur die privilegierten eine Chance haben. Die anderen dürfen weiterhin mit der Maschine tanzen und sich fragen, warum sie nicht wichtig genug sind.

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